-VIV-
Geh
deinen Weg und lass die Leute reden.
Dante
Bis
die sich entschieden haben welche Regelwerke und Bücher von
Bedeutung für mich wären, beobachte ich die Gruppe mit etwas
Abstand. Der eine Teil wuselte in den Büchern und der andere Teil
diskutierte welche Wesen wohl am geeignetsten wären um zu Diensten
zu stehen. Es war wie in einem Harry Potter Film... fehlte nur noch
Dumbledore... so angenehm die Gruppe auch war... trotz der innigen
wärme die mir von diesen Fremden entgegen kam, nagten die
Erinnerungen aus meiner Zeit in der Hölle noch in meinen tiefen
Innern... was wollte ich überhaupt? Je länger ich zusah um so
unsicherer wurde ich... nee unsicher nicht... anders... eher
entschlossener, dass ich meinen Weg alleine fortsetzen wollte... ich
konnte und wollte nicht zu lassen, dass wieder Unschuldige wegen
mir... meinen Anliegen in Gefahr oder womöglich getötet werden
konnten.
Leise
wand ich mich Richtung Ausgang, um noch die im Zimmer verbleibenden
Sachen zu holen, als auf dem Treppenansatz mich Gérôme dezent
abfing. Erschrocken, dass mein abhauen vielleicht aufgefallen wäre
stammelte ich vor mich hin.
„Ähm..ich
wollte...äh...die Toilette aufsuchen und...“
Vorsichtig
griff Gérôme meinen Arm und flüsterte mir leise zu, dass meine
Sachen schon von ihm gepackt und zum Auto gebracht worden wären...
„Sam...
so gerne ich diese Menschen mag... spüre ich, dass deren Intentionen
nicht deine sind... in dem Augenblick als ich dir in die Augen sah
ahnte ich intuitiv, dass das Wissen der Societé dir in deinem
Vorhaben nichts bringen würde, darüber hinaus bin ich mir nicht
sicher, dass das was in dir jetzt brennt, das ist was die
Herrschaften tatsächlich meinen zu denken, und ich eher die Gefahr
sehe, dass sie dich als Versuchskaninchen betrachten...es ist nicht
böse gemeint...nur manchmal vergessen sie in ihrem Eifer das
menschliche... und die Moral geht flöten.“
Während
er sprach drückte er mir was in die Hand, neugierig schaute ich
nach. Ein Medaillon wie man sie bei jeder Wahlfahrt erhalten kann.
Auf der einen Seite war ein Abbild von einem älteren bärtigen Man
und auf der anderen Seite eine bizarre Ansammlung von Buchstaben.
Verwundert blickte ich an...
„Ähm...
was soll das sein? Etwa ein Schutz Medaillon...oder was ähnliches,
und was bedeuten die Buchstaben VRS – NSMV – SMQL – IVB?“
Lächelnd
dirigierte er mich zur Tür und beim hinausgehen Richtung Auto
erwiderte er.
„Der
Kerl der Abgebildet ist, ist der Heilige Benedikt. Nach ihm wurde der
Orden der Benediktiner benannt, er war bei der Bevölkerung sehr
beliebt nur nicht bei einigen Mönchen, da er sagen wir mal die
bestehenden Strukturen verändern wollte...so sagen es die
Offiziellen Schriften, nur was nicht offiziell ist...da nicht
opportun...dass er eigentlich gegen Dämonen kämpfte und er
sozusagen den ersten Exorzismus nach Jesus und seinen Jüngern
durchgeführt hatte. Nun die Buchstaben, die du siehst sind jeweils
die Anfangssilben des Exorzismus Spruches. Daher merke dir...
Vade
retro Satana!
Numquam
suade mihi vana.
Sunt
mala quae libas.
Ipse
venena bibas!
Wörtlich
übersetzt heißt es ungefähr...Satan
weiche von mir, führe mich nicht in Versuchung, das was du bietest
ist von übel Natur, dein Gift kannst du selber trinken...
nun kurz gesagt es hilft gegen jede Art von Dämonen, und sollte dir
zumindest wo du hingehen willst eher von nutzen als irgendein Zeichen
aus dem kleinen Salomon oder Grimoires sein... beziehungsweise
vermute ich das du die wichtigsten Zeichen eh beherrscht.“
Verlegen
blickte ich an, dass letzte mal, dass mir jemanden was nützliches
vermittelte war Bobby. Bei den Gedanken an Bobby verspürte ich eine
kleinen Stich im herzen... Gott wie ich diesen alten Mann vermisse...
auch nach zwei Jahren tut der Verlust immer noch weh...und jetzt
Dean... nahm dies nie ein Ende? Seufzend wand ich mich dem Auto zu,
als mir schlagartig wieder einfiel warum ich überhaupt nach New
Orleans gekommen war.
„Ähm...
danke Gérôme, deine Unterstützung weiß ich zu schätzen...
wirklich, nur... wie soll ich es sagen... also ich weiß immer noch
nicht wo das Hell-Gate befindet... ich muss dringendst Crowley
finden, er ist der einzige der über den verbleib von Dean was wissen
kann, nur leider erwidert er meine Beschwörungen nicht... was gegen
jede Regel spricht...dem zu folge muss er Dreck am stecken haben...“
Schmunzelnd
unterbrach mich Gérôme.
„Ach
Sam, das ist ganz einfach, zumindest dachte ich das wäre dir
bekannt. Den Eingang findest du in der Alten St.
Louis Friedhof hier im French Quartier in der Conti-street. Bei dem
Grabstein von Delphine LaLaurie... sie war die erste Serienmörderin
der Stadt... passend nicht war. Nun, um das Portal zu öffnen ist ein
Blutritual vonnöten, aber das ist dir sicherlich bewusst, entweder
nimmst du dein Blut oder das Blut eines Hahns... kein Huhn sondern es
sollte ein Hahn sein... dann verlangst du dreimal nach
einlas... unmittelbar müsste sich das Portal dann öffnen...“
Die
Drei und ein Hahn...sollte dies mir sorgen bereiten oder mich
amüsieren... eine schöne Anspielung auf die Tatsache, wer
freiwillig die Hölle betritt automatisch Verrat an Gott begeht...
„In
dieser Nacht, ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen!
....ja...
Luzifer
ist ehrlich auf seine
Art,
aber auch nur sich selber gegenüber. Danke
Gérôme,
für deine Hilfe...ich weiß es zu schätzen...“
Ich
stieg dann in den Wagen als Gérôme leicht Kopfschüttelnd kurz zu
mir ans Autofenster kam. Man sah ihm direkt an, dass ihn noch was am
Herzen lag.
„Sam...
dank mir nicht... noch bist du am Anfang deiner Reise... Incipe
pollicitis addere facta tuis... aber
verliere dich nicht dabei und vergiss nie warum du diese
Beschwerliche Reise auf dich nehmen willst, andere vor dir, auch mit
heroischen Absichten,
haben
es nicht geschafft... aber du mein Freund, du könntest es schaffen,
in dir steckt mehr als man von außen erahnen könnte... bon chance
mon ami... bon chance... hab vertrauen.“
Kaum
zu ende gesprochen wandte er sich von mir ab und ging langsam zurück
ins Haus. Er hatte recht mit dem Zitat von Horaz 'Beginne
deinen Versprechungen Taten hinzuzufügen', es
wurde Zeit aktiv zu werden, jede Stunde die verging gewann Crowley
eine Stunde dazu... ich wollte gerade den Motor anlassen als ich auf
dem Beifahrersitz ein altes Buch mit einer Notiz darauf liegend
sah... merkwürdig als ich einstieg lag es nicht da... augenblicklich
schaute ich hoch um zu schauen ob noch jemand zu sehen wäre, es war
aber niemand da. Neugierig nahm ich den losen Zettel... mit Tinte und
einer verschnörkelten Schrift geschrieben stand ich solle mich auf
den Namen konzentrieren die in diesem Buch unterstrichen wären,
'diese
jene wären die, die dir sicherlich von Nutzen wären'.
Sonst weiter nichts geschrieben und auch keine Unterschrift war
vorhanden. Vorsichtig nahm ich das Buch...es war alt... sehr alt...
gebunden in alten braunen Leder mit einem kleinen Siegel darauf...
beim Aufklappen war dann zu lesen 'De
praestigiis daemonum'
von Johann Weyer mit dem 'Pseudomonarchia
daemonum'...
veröffentlicht 1563 in Basel... ich erinnere mich Bobby davon
sprechen gehört zu haben... diese Niederschrift beinhaltete die
ganzen Namen derer Dämonen, die in Luzifers Reich das Sagen haben...
und nicht nur das Sagen... sondern auch noch seine Legionen führen...
Nach
einer kurzen fahrt fand ich ein billiges Motel, bei dem ich sicher
sein konnte, dass der Besitzer oder Portier nicht zu sehr auf meine
ausgeborgten Kreditkarten schauen würde. Nachdem die Formalitäten
erledigt waren, der Wagen umgeparkt, die Sachen ins Zimmer gebracht
und ich geduscht hatte, lag ich auf dem Bett und starrte die
Zimmerdecke an. An Schlaf war nicht zu denken, jedes mal wenn ich die
Augen schloss... hörte ich ein leises ich
bin stolz auf uns...
Da
konnte ich
genauso
gut in dem 'Pseudomonarchia' herumblättern. Vor mir das Buch und
eine Flasche Whisky und Glas mit etwas Eis konnte das Recherchieren
beginnen... laut Weyer beinhaltet
das Pseudomonarchia eine Liste von 72 Höllen Herrscher, die auf den
ersten Teil des Lemegetons
zurückgeht. Angeblich schloss König Salomo diese Dämonen in ein
Gefäß ein und versenkte es dann in einem tiefen See. Die
Babylonier, die es gefunden haben sollen, zerbrachen das Gefäß, da
sie glaubten, einen verborgenen Schatz entdeckt zu haben. Dadurch
erlangten die Dämonen wieder ihre Freiheit... na super... tja und
Dean und ich haben den Rest besorgt.
Nur
jetzt stellt sich die Frage, wen könnte Crowley angepisst haben...
beziehungsweise welcher dieser Herrscher könnte denn von Nutzen
sein... es muss doch einen geben den Crowley's Ehrgeiz zuwider ist.
Nach dem Motto der Feind meines Feindes ist mein Freund. Schließlich
war der Dämon Abbadon ja auch kein Freund von Crowley... und nur
durch Deans Hilfe mit dem 'Marc
of Cain'
konnte Crowley Abbadon los werden.
Genau
vier von den 72 Dämonen waren unterstrichen...'König
Paimon',
Luzifers treuster und mit gefährlichster Untergebener... 'Herzog
Buné' ein
mächtiger Gefallener, der Tote zu Dämonen verwandeln kann...
'Herzog
Flauros' ein
weiterer Gefallener, der die Macht hat Rache im Auftrag von
Sterblichen an Dämonen auszuüben... 'Herzog
Phenex'
einer der wenigen Gefallenen die noch hoffen wieder in den
Himmlischen Spähren zu gelangen... und 'Graf
Andromalius'
bestraft Diebe, Niederträchtige Personen und spürt verborgene
Schätze sowie Boshaftes und unehrliches Handeln auf...
Der
Kopf brummte von dem vielen Latein lesen, und die Augen schmerzten...
zumindest hatte ich einen weiteren Anhaltspunkt...mein Plan nahm
langsam Form an, ich wusste wo, den St. Louis Friedhof... ich wusste
wie, Blut und dreimal um einlas bitten... und mit wem, der Herzog
Phenex schien für die erste Runde am geeignetsten zu sein...
zumindest hatten wir etwas gemeinsames.
Die
Gewissheit nicht mehr völlig im Dunkeln zu tappen und den Mächten
ausgeliefert zu gab mir ein beruhigendes und sicheres Gefühl. Den
letzten Schluck Whisky noch zu mir nehmend legte ich mich jetzt
endlich müde aufs Bett... ja...
morgen werde ich meine Versprechen in Taten umsetzen... so
wahr mir Gott helfe.