-VI-
Es
gibt mehr Dinge im Himmel und auf der Erde, als eure Schulweisheit
sich träumt.
Hamlet
Meine Augen reibend versuchte ich die
Gestalt aus meinen Kopf zum Verschwinden zu bewegen aber egal, ich
konnte so oft reiben wie ich wollte, Luzifer blieb dreist vor mir
sitzen... einfach so...und was hießt hier ich bin sein Besitz?
Scheiße... ich bin niemandes Besitz!
Zum kotzen...seine Anwesenheit brauchte
ich wie ein Loch im Kopf,...vielleicht...vielleicht wenn ich mir
schmerzen zuführen würde...vielleicht ginge er dann weg.
Schließlich hatte es damals ja funktioniert, müsste doch diesmal
auch funktionieren. Nur kleine Schnitte...nichts bedrohliches...nur
kleine schnitte halt. Ja ich gebe zu, dass die Schmerz-Taktik nicht
von langer Dauer war, aber das würde ja reichen...ich brauchte doch
nur einen klaren Kopf und nicht Luzifer...
Den gefallen Engel nicht aus den Augen
lassend, schaute ich um mich herum ob ein geeignetes scharfes Teil
auf dem Tisch lag. Fündig geworden nahm ich das kleine Messer, dass
ich irgend wann in grauer Vorzeit zum zerlegen eines Apfels verwendet
hatte. Ohne viel Aufhebens nahm ich das Gerät und mit bedacht legte
ich meine Arme unterm Tisch, so dass die Hände für den Gegenüber
nicht ersichtlich waren. Vorsichtig schob ich den Ärmel meines
linken Armes hoch und fing langsam zu ritzen an.
Der zugefügte Schmerz war ein ganz
anderer als der, den ich zuvor bei Deans Tod verspürte, dieser war
so viel klarer, transparent, geordnet ...nicht so stumpf, trüb und
wirr...es half tatsächlich die Sinne zu fokussieren. Die Augen
langsam schließend sog ich den Schmerz in mich hinein, ein kleiner
Stich nach dem anderen... und betete leise das er doch bitte
verschwinden möge.
Seufzend öffnete ich vorsichtig die
Augen, hoffend dass Luzifer nicht mehr vorhanden wäre, nur um
festzustellen dass er mit einer kaum sichtbaren Freunde mich die
ganze Zeit beobachtet hatte.
Herablassend, ja
schon fast gelangweilt fragte er süffisant..
„Nun Sam,... sind wir jetzt
fertig? Oder muss ich weiter deine jämmerliche selbst
-verstümmelungen noch beiwohnen? Du weißt schon,....dass ich die
Zeit der Welt habe...oder? Nur du mein Freund...nun
ja...bedenke...deine Zeit ist was dein Bruder anbelangt...begrenzt.
...Tick...Tack...Tick...Tack...Dean ist im Sack.“
Ertappt zog ich
rasch meinen Ärmel runter, und legte das Tatwerkzeug geschwind zur
Seite.
Beschämt musste
ich mir eingestehen ob ich wollte oder nicht,...dass rein der Logik
nach er recht hatte, ich könnte mich jetzt in Selbstmitleid suhlen
oder mich damit abfinden, dass ich das beschissenen Los gezogen habe
den arroganten Sack als road groupie auf meiner Hell-Tour zu haben.
Im Grunde genommen
geht es hier nicht um mich, nicht um mein befinden, nicht um meine
Eitelkeit oder gar um meine Bedürfnisse, mein einzig Interesse gilt
doch die Sicherheit meines Bruders, und solange Crowley seine Finger
mit drin hat, ist mein Bruder in Gefahr, unabhängig ob tot oder
lebendig.
Unmittelbar nach
dem Entschluss mein egoistisches Wehklagen und jammern zu beenden,
spürte ich wie eine glühende Flamme sich in mir ausbreitete,.. sich
um mein Herz schlängelte,... spürte schmerzlich wie jede einzelne
Flamme sich tief in das fest schlagende Gewebe hineinfraß,...spürte
wie die Muskelfaser und Blutadern zerrissen und kurzerhand sich neu
um das nun festsitzende fremde Element in meinen jetzt feurigen
Herzen formierten.
Nicht blinder,
kalter Hass oder gar Selbstmitleid sollten mich leiten und Luzifer
die Freude bescheren sich satt zu fressen an meinen trostlosen
Emotionen, nein...nein, das Gegenteil werde ich ihn offerieren. Er
soll verhungern,...verhungern am lebendigen Leibe vor einem leeren
trog nicht vorhandener Emotionen.
Erstarkt durch
meinen Entschluss schaute ich zu ihm hoch, klaren Geistes realisierte
ich die abscheuliche Erbärmlichkeit die mir gegenüber saß.
Getrieben durch seine innere Selbstsucht, seiner einzigen liebe zu
sich selbst, war dieses unsterbliche Wesen, verbittert und einsam.
Das einzige was ihn trieb war der unendlichen Schmerz der Einsamkeit,
den er seit Jahrtausenden fühlte und mit Freuden anderen zufügte.
Solange ich einzig um meinen Verlust trauerte war ich sein
Aphrodisiakum, sein Nektar von dem er Energie beziehen konnte um zu
existieren,... nahm ich jedoch mein Ego aus seinem Nahrungskreislauf
würde er eines elendiglichen hungers sterben, verblassen und ins
unendliche nichts fallen...
Luzifer bemerkte
mit Unbehagen die langsame Veränderung die in mir vor sich ging, die
Transformation meines Seins, die Erkenntnis was tatsächlich die Welt
bewegt, die Wahl zu haben, zu entscheiden über sein eigen Schicksal.
Und das Fundament des Ganzen, so banal es klingen mag, die
uneingeschränkte empfundene Liebe anderen gegenüber und dieses
weiter zu reichen unabhängig ob diese erwidert wird oder nicht.
Nicht angetan von
dieser ihm zum Nachteil gereichten Veränderung, räusperte Luzifer
sich.
„Nun wie ich
sehe hast du die züngelnde Flamme des uneingeschränkten geistigen
Seins empfangen, ob ich damit glücklich bin steht außer
Frage,...die Frage ist eher kannst DU diese Flamme nähren und am
Leben erhalten? Ich persönlich glaube kaum...denn DU bist
schwach...und kläglich,... mal ganz ehrlich... Dean sieht es
genauso...frage dich warum er lieber Zuflucht zu niederen Wesen wie
diesem mitleidigen Engel, dem Vampir und JETZT den Dämonen Crowley
sucht? Denkst du tatsächlich, dass wo immer er ist und was immer er
auch momentan tun sollte,...von DIR gerettet werden will? Denkst DU
das tatsächlich? Oder blendet jetzt dein Hochmut dein
Urteilsvermögen? Denn bedenke er hatte die WAHL zu entscheiden, und
er hatte sich entschieden...“
Ich sah ihn sehr aufmerksam zu,
registrierte jede Bewegung, sein bemühen die Oberhand zu behalten...
jedoch dass einzige was ich sah und hörte war wie er einer
gefangene Schlange gleich versuchte sich aus seiner misslichen Lage
zu befreien. Er zappelte und wand sich ohne Erfolg. Ich hörte nur
das charakterlose winseln eines bemitleideten besiegten, ...wer war
hier der erbärmliche...ohh Luzifer du magst zwar zweifeln säen …
nur leider mag deine verfaulte Saat nicht bei mir fruchten...
„ Nun Luzy,..ich darf dich doch so
nennen, schließlich bedienst du dich meines Namens in solch
unnachahmlicher persönlicher Art. Und da du meinst ich gehöre dir,
können wir ja ungezwungen mit einander reden. ...Wie du ja
bekanntlich wissen müsstest heiße ich SAMUEL,der von Gott
erhörte, ein Name
den DU nicht
aussprechen kannst ohne das Kotzen zu bekommen. ...Wie Kommt es wohl?
Upps.. stimmt ja weil dein Vater nicht mehr mit dir redet...und dir
nicht mehr zuhört...echt scheiße was...und nun hat die,...sagen wir
mal die Vorhersehung ausgerechnet deine irdische Hülle mit einem
Namen versehen, dass dir die Krätze gibt...Humor hat das Universum,
muss man ja lassen. Daher schiebe deine Unfähigkeit nicht auf mich.
Des Weiteren, wer sagt denn das Dean die tatsächliche
Wahl hatte? Denn wie du ja selber weißt kann eine Wahl nur getroffen
werden wenn alle
Informationen gegeben sind, ...tappt man aber im Dunkeln, wird
bewusst in die Irre geführt,...nun hat dies letzten Endes absolut
nichts mit einer freier Entscheidung mehr zu tun. Folglich Luzifer
kannst du dir deine billig Weisheiten in den werten Arsch schieben.
Daher verpiss dich...ich habe zu tun!“
Kaum ausgesprochen sah ich wie Luzifer
in sich verblasste und sein Erscheinen nicht mehr die bedrohliche
Ausstrahlung hatte wie am Anfang, das Gegenteil traf eher ein, da ich
seine innere treibende Ängste kannte, schließlich war ich einige
Zeit mit ihm eingekerkert, konnte er mir vorläufig nichts anhaben,
seine Magie hatte mir gegenüber erst mal an kraft verloren...denn
eine versteckte Kraft kann nur Macht ausüben wenn der, der bezwungen
werden soll unwissend ist. Natürlich war ich mir bewusst, dass dies
nicht die letzte Begegnung sein wird.
„Nun gut Junge, wenn du meist das
Ei des Columbus gefressen zu haben,...bitte...dann lass ich dich
vorläufig in deinem Glauben, aber...sei dir eins gewiss...ich werde
stets in den tiefen deines Herzen lauern, nur darauf wartend bis du
wieder einknickst und zu der jämmerlichen Gestalt wirst, welches du
zuvor warst... und mal ehrlich dazu gehört nicht viel..ach, und
nebenbei viel Spaß bei deinem Vorhaben, es wird mir eine Freude sein
dir dabei zu zuschauen wie du kläglich versagst. “
Echt...dass ist seine Drohung? Man muss
Luzifer verzweifelt sein...ich bin ein Mensch, natürlich mach ich
Fehler...Luzy was für eine brillante Auffassungsgabe...
Mit einem kalten lächeln winkte ich
ihm zum Abschied. So wie er arrogant auftauchte, so verschwand er
auch. Ist immer wieder verwunderlich, dass diese Engel völlig
erstaunt, gar erbost sind wenn man sie vor die Tür setzt, mit
Gadreel damals war es nicht anders.
Da ich mit Wissen bluffte worüber ich
noch in keinster weise verfügte, ...sicherlich einiges ist mir
bekannt,...brauchte ich was handfesteres als die Bücher hier, etwas
lebendigeres, richtiges Wissen um gegen Crowley und seine Dämonen
vorzugehen...und es gab nur einen Ort in den Staaten, die mit dem
Verborgenen, dem Spiritismus nicht nur vertraut waren sondern es auch
praktizierten und das war New Orleans.
To be continued...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen